Outfit: Modeinterpretation à la Margiela

Es gibt fes­che Mode und es gibt kun­stvoll-intellek­tuelle Mode. Ich kann bei­dem etwas abgewin­nen, denn bei Fash­ion geht es für mich nicht nur darum gestylt zu sein, son­dern auch darum etwas auszu­drück­en. Das klingt jet­zt drama­tis­ch­er als es ist, denn ich bin auch der Mei­n­ung wenn man mal keinen Bock auf Styling hat, dann soll man es ein­fach lassen. Mit Aus­druck meine ich, zu hin­ter­fra­gen was Klei­dung mit uns macht und in welche Rollen wir damit schlüpfen.

Was drücke ich also aus, wenn ich mich in einem Pul­li mit elend­slan­gen Ärmeln aus der Kollek­tion von H&M mit Mai­son Mar­tin Margiela vor weißem Hin­ter­grund ablichte? Diese Frage ist ver­mut­lich nicht leicht zu beant­worten, weil jed­er etwas anderes darunter ver­ste­ht. Es ist wie Kun­st zu betra­cht­en. Es ist eine Mis­chung aus dem was der Kün­stler aus­drück­en will und der Betra­chter interpretiert.

Beim Inter­pretieren hil­ft jeden­falls ein Blick auf den Design­er des Pullovers. Mar­tin Margiela war vor allem für intellek­tuell-avant­gardis­tis­che Mode bekan­nt nach­dem er sich 2009 ganz aus dem Mod­egeschäft zurück­zog. Als er noch selb­st aktiv war, gab er nicht viel über sich preis. Es gab keine Fotos und (fast) keine Inter­views, damit stets die Mode im Mit­telpunkt blieb. Sein Ding war die Dekon­struk­tion, also das Auseinan­dernehmen von Klei­dungsstück­en und deren Neuin­ter­pre­ta­tion. Weiß war seine Lieblings­farbe und anstatt eines Labels hat er ein weißes, namen­los­es Schild im Klei­dungsstück angeheftet.

Mit diesem Hin­ter­grund ver­suche ich mal eine Inter­pre­ta­tion. Die lan­gen Ärmel drück­en Hil­flosigkeit aus, denn es ist unmöglich im All­t­ag damit klarzukom­men. Es wurde auch bewusst darauf verzichtet eine Gum­mi einzunähen der die Ärmel fes­thal­ten würde. Das zeigt wie wichtig die richtige Ver­ar­beitung im Design ist. Mode muss auch prak­tisch sein. Durch das Fehlen eines Gum­mis wird die Notwendigkeit ein­er guten tech­nis­chen Ver­ar­beitung noch deutlicher.

Die Länge der Ärmel erin­nert mich zudem an eine Zwangs­jacke. Es kön­nte also ein Hin­weis dafür sein, dass wir uns mit Mode vielle­icht in selb­st aufer­legte Zwänge begeben? Uns einen Druck auf­bauen immer gut ausse­hen zu müssen und stets per­fekt gek­lei­det zu sein?

Der weiße Hin­ter­grund und die Kom­bi­na­tion mit weißer Hose und weißen Schuhen ver­stärkt die Präsenz des Pullovers. Genau­so wie die Nicht­präsenz des Design­ers das Klei­dungsstück an sich wichtiger erscheinen lässt. Viel zu oft wird nur darüber gere­det von welchem Design­er ein gewiss­es Klei­dungsstück ist. Wie es beschaf­fen ist, welche Ver­ar­beitung es hat rückt dabei in den Hin­ter­grund. Gibt es kein „Label”, muss man sich zwangsweise mehr mit Sil­hou­ette, Struk­tur und Beschaf­fen­heit beschäftigen.

Wie oben geschrieben, sind diese Aus­führun­gen meine ganz per­sön­liche Inter­pre­ta­tion. Vielle­icht wollte Margiela mit seinem Pullover etwas ganz anderes aus­drück­en, oder du meinst ich bin völ­lig irre, wenn ich ein Klei­dungsstück mit ein­er Zwangs­jacke ver­gle­iche. Aber ich bin mir sich­er, dass es nie falsch sein kann Mode zu inter­pretieren und ihr eine große Rolle zuzuschreiben. Denn alleine auf­grund der Tat­sache, dass du auf einem Mode­blog den Artikel bis hier gele­sen hast, zeigt mir, dass du dich auch für dieses The­ma inter­essierst. Oder du woll­test ein­fach nur schauen, ob ich in diesem Teil auch wirk­lich so dick auss­chaue wie du es auf dem Vorschaubild gese­hen hast. Das ist natür­lich auch okay.
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