Die Angst vor dem Nähen

Fashiontamtam-Kolumne-Naehblockade-818-1Ich habe eine Block­ade. Genauer gesagt eine Näh­block­ade. Täglich nehme ich mir vor: Heute fange ich mit meinem langem Maxik­leid, kurzen Som­merkleid, mein­er knack­i­gen Som­mer­hose bzw. Kaf­tan an. Das Prob­lem ist, dass ich noch gar nicht weiß, was es für ein Klei­dungsstück wer­den soll. Nur den Stoff für mein imag­inäres Näh­pro­jekt habe ich schon besorgt.

Bei meinem Besuch auf dem Schnei­derei Markt habe ich näm­lich einen Traum­stoff gefun­den. Nach rei­flich­er Über­legung von einem Tag und einem kurzen Herzstill­stand, weil ich dachte, dass mir eine andere Kundin den Stoff weggekauft hat­te, habe ich zugeschla­gen. Das Prob­lem? Der Stoff war sauteuer.

An sich ist das ja kein großes Ding. Ich gebe gerne Geld für guten Stoff (Zwinker) aus. Nur will ich mir dann etwas ganz tolles daraus nähen, das ich dann bes­timmt auch trage. So teur­er Stoff darf nicht auf dem Stapel „Dinge die ich selb­st genäht habe, aber nie wieder anziehe“ lan­den. Zur Bewe­is­führung, dass es diesen Stapel wirk­lich gibt und als per­sön­lich­es Mah­n­mal, habe ich diesen sog­ar in einem Video festgehalten.

Nein, ganz im Gegen­teil aus dem Stoff soll ein Klas­sik­er entste­hen. Ein Basicteil mit dem ich mehrere Jahre hin­weg glück­lich bin. Ein Kleid oder irgen­det­was, das ich sog­ar noch meinen Enkerl vererben kann. Wo das Enkerl dann voller Bewun­derung zu seinen Schul­fre­undin­nen sagt: Schau, das hat die Oma selb­st gemacht. Und das Enkerl trägt es stolz, weil es ja so ein cooles, uni­verselles Teil ist, das es so nicht zu kaufen gibt.

Die zweite Her­aus­forderung ist, dass ich derzeit eine klitzek­leine Kugel vor mir her­schiebe. Und ger­ade jet­zt das Basicteil unter erschw­erten Bedin­gun­gen zu nähen ist. Denn es muss mit Schwanger­schafts­bauch und ohne trag­bar sein. Son­st wäre es ja kein Basicteil. Außer natür­lich ich nähe es so, dass man es danach schnell wieder zum nor­malen Kleid ändern kann, aber ich kenne mich. Ich greife ungern zweimal bei einem Klei­dungsstück zur Nähmaschine.Fashiontamtam-Kolumne-Naehblockade-818-4

Do it, but do it now

Was ist also die Lösung für die Prob­leme im Kopf die meine Block­ade verur­sachen? Es ein­fach zu tun und nicht länger darüber nachzu­denken. Während ich hier diesen Artikel schreibe, hätte ich schon längst den Schnitt abpausen bzw. zeich­nen kön­nen. Und während ich vor dem Ein­schlafen darüber nach­denke wie ich das Endergeb­nis mit Acces­soires kom­biniere, hätte ich vielle­icht schon den ganzen Zuschnitt erledigt. Und während ich darüber nach­denke, dass ich darüber nach­denke, wie viel ich schon hätte machen kön­nen begin­nt es mich in den Fin­gern zu juck­en es endlich auszupro­bieren. Denn der beste Zeit­punkt mit etwas zu begin­nen ist: Jetzt.

Also schnappe ich mir den Stoff, drapiere ihn um meine Schnei­der­puppe und fange endlich damit an das Kleid, den Kaf­tan, meine Som­mer­shorts oder was auch immer zu nähen. Und da gehen die Gedanken im Kopf schon wieder los. Soll ich vielle­icht doch nur einen Umhang machen? Oder soll ich sog­ar ein Pro­beteil nähen, damit auch sich­er nichts schief geht?

AUS, SCHLUSS, BASTA. Ich lege jet­zt ein­fach los. Ich halte dich natür­lich auf Snapchat, Face­book, Twit­ter und Insta­gram am Laufend­en. Die Umfrage auf Face­book, was ich genau mit diesem Stoff nähen soll hat ja schon ganz gut geklappt. Die Entschei­dung ist ein­deutig für das Maxik­leid aus­ge­fall­en. Ich bin jet­zt mal weg, stre­ichel den Stoff noch ein biss­chen, bevor ich endlich zu nähen beginne.

5 Kommentare
  1. Mein­er Erfahrung nach muss man zuerst die Idee haben … soll heißen, mit Stoff in der Hand bist du auf Suche, was zu tun ist. Ohne Stoff hast du wom­öglich immer wieder plöt­zlich ein Bild im Kopf .. eine Idee.
    Der Stoff daheim macht Druck und unter Druck ist man nicht kreativ.
    Da gibt’s Stu­di­en dazu.
    Also liegen lassen. Gut Ding braucht Weile! Tief dur­chat­men. Meist hat man genau dann, wenn man es weglegt, die per­fek­te Idee.
    Meist.
    🙂
    LG
    Susanne

  2. Liebe Susanne!

    Du sprichst mir aus der Seele. Ich hat­te ursprünglich eine Idee, nur war ich mir dann nicht mehr sich­er. Und dann habe ich ange­fan­gen auf ein­mal alles Mögliche daraus machen zu wollen. Aber stimmt, liegen lassen ist immer eine gute Idee. Und dur­chat­men auch 🙂 Deinen Schnei­derei-Markt-Rock habe ich übri­gens schon bewun­dert am Blog. Schaut toll aus!

    Alles Liebe,
    Lisa

  3. Ah, jet­zt seh ich, dass Susanne schon genau das geschrieben hat, was ich auch ger­ade schreiben wollte. Wozu der Stress? Du hast den Stoff, er läuft Dir nicht mehr davon. Er wird zu etwas Wun­der­vollem wer­den, aber vielle­icht ist es gescheit­er, es erst zu nähen, wenn der Baby­bauch wieder weg ist, das Wun­der­volle. Wenn du den Stoff denn zu so etwas ewig Passen­dem ver­ar­beit­en willst. Wobei ich ja glaube: Was auch immer aktuell Mod­ernes Du draus nähst, wird in ein paar Jahren nicht mehr in Mode sein. Da müsstest Du schon Tra­cht oder was ähn­lich Unvergänglich­es draus machen, weißt Du, was ich meine? Prinzip­iell kenne ich Dein Prob­lem aber. Manch einen Stoff sehe ich und: zack! Weiß ganz genau, welch­es Klei­dungsstück draus wer­den muss. Er ruft es mir zu. Und andere Stoffe brauchen etwas, bis sie sich entschei­den. Hast du denn son­st nix anzuziehen? 😉 Lass ihm/dir Zeit. Liebe Grüße, Gabi

  4. Hal­lo Gabi!

    Danke für deine Nachricht. Ja stimmt, manch­mal braucht es ein­fach Zeit. Und unter Druck wird das eh nix. Außer­dem ist alles irgend­wann mal aus der Mode, dafür auch wieder mal mod­ern. Daher ist es wahrschein­lich eh egal, was man macht 🙂

    Haupt­sache das Nähen an sich macht Spaß 🙂

    Alles Liebe,
    Lisa

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